Karl Brandstätter aus Art Profil 2 / 02

 

Der Maler Karl Brandstätter lebt in der Nähe von Klagenfurt. In einem abgelegenen Bauernhof, den er zusammen mit seiner Familie bewohnt, hat er sich vor vielen Jahren ein Atelier eingerichtet. Durch die Fenster dieses Ateliers blickt man auf das Tal des Flusses Drau, der von hier aus hinüber nach Slowenien fließt, dessen Grenze der gegenüberliegende Berg markiert. "Dort drüben beginnt übrigens Italien", erklärt Karl Brandstätter, auf einen anderen Berg in unmittelbarer Nähe weisend.

 In einem Dreiländereck fühlt sich der Künstler, der mit seinem Werk in Deutschland, Italien, Frankreich. Belgien und Slowenien mittlerweile fast ebenso bekannt ist, wie in seinem Heimatland Österreich, zu Hause.

Charkateristisch für Brandstätters Malstil ist die organische Verbindung informeller Malerei und Figuarition.Ebensowenig wie es hier unterschiedliche Wertigkeiten gibt, gibt es diese bezüglich der künstlerischen Techniken. Die Radierung sthet in Brandstätters Gesamwerk gleichberechtigt neben der Malerei, der Plastik und der Glaskunst. In Deutschland und Österreich wurden bereits mehrere Glasfassaden, die er für große Gebäude entworfen hat, realisiert.

Schon während der akademischen Malerausbildung hat er  zwischen diesen beiden den Strömungen in der Kunst keinen Gegensatz gesehen, sondern eher eine Symbiose. Er studierte zunächst in Wien, dann in Paris, wo er von 1968-1977 lebte. Dort leitete er einige Jahre land die Radierwerkstatt Johnny Friedländers, der in den 60er Jahren als Wegbereiter der modernen Farbradierungen galt. Johnny Friedländer gab dieser schwierigen künstlerischen Technik eine neue, zeitgemäße Ausdrucksform, welche die Tradition mit der Innovation verband. Mit seinem Werk machte Friedländer die Radierung zu einer selbstständigen Kunstgattung. Die Jahre in der Werkstatt Friedländers haben das Schaffen des Österreichers nachhaltig geprägt. Brandstätter entwickelte die Farbradierung zu seinem sehr persönlichen Ausdrucksmittel, das in der coloristischen Qualität durchaus gleichberechtigt neben den malerischen Unikaten bestehen kann.

Während der Studienzeit und nach seinen ersten Ausstellungserfahrungen in Österreich und Frankreich unternahm Karl Brandstätter zahlreiche Reisen. Er besuchte die USA - das Heimatland seiner Frau, Nordafrika, die arabische Halbinsel, Skandinavien und China. In den  Arbeiten der  80er Jahre finden diese Eindrücke aus den unterschiedlichen Kulturkreisen auf vielfältige Weise ihren Niederschlag. Die anfänglichen Schwarz-Weiß-Radierungen wurden zunehmend von der Farbradierung abgelöst. Die typischen Brandstätter-Farben, die erdigen Töne, das leuchtende Gelb, das transparente Grün, das auch heute  noch für seine Arbeiten charakteristisch ist, war bereits in diesen Zyklen vorhanden.

Unter dem inhaltlichen Aspekt gesehen rücken zunehmend Themen in den Mittelpunkt seines Interesses, die mit dem Wechselspiel zwischen Kultur und den kulturbildenden Kräften zu tun haben. Brandstätter hat ein seinem Werk eine Sprache gefunden, dies dem sensibilisierten Betrachter nahe zu bringen.

So ist der genus loci durch Zitate aus der Welt der Architektur stets präsent. Man erkennt zum Beispiel bei dem 1998 entstandenen Zyklus "Apokalyptische Reiter", die in knappen Umrissen skizzierte Prager Karlsbrücke, bei anderen Arbeiten erblickt man die Fragmente von arabischen Bauwerken. In fast allen Werken sind aber auch mythische Symbole präsent, die wie Schemen hinter der Architekturkulisse auftauchen: Weibliche Torsi zum Beispiel oder Monde, welche auf den Makrokosmos verweisen, dessen minimalisiertes Arbeiten widmen sich dem Thema "Totentanz". Der „Totentanz“ ist eine Bildgattung, die im Spätmittelalter in Mitteleuropa weit verbreitet war. Die berühmtesten „Totentänze“ befinden sich in Basel und in Paris. Bereits im 14. Jahrhunderts gab es in Slowenien Totentanzdarstellungen, unter anderem in den Kirchen von Beram und Hrastovlje. Vorbilder, die von Karl Brandstätter vor Ort genau studiert wurden und in denen er Motive sieht, die sich von dort aus weiter ins nördliche Europa verbreiten. Kärnten mag dabei die Nahstelle zwischen der Kunst aus dem Südosten auf ihrem Weg in den Norden gewesen sein. Brandstätter schöpft bei seinem Zyklus aus dem sehr individuell ausgeprägten Formenrepertoir, das er in seiner Kunst entwickelt hat. So gibt es zwischen den „ Apokalyptischen Reitern“ und dem neuen Zyklus kompositorische Parallelen, die nicht zu übersehen sind. Im Gegensatz zu der aufgewühlten Malweise, die für den erstgenannten Zyklus charakteristisch ist, wirken die Farben bei den neuen Arbeiten gerade zurückgenommen. Die Konturen verschwimmen und werden zu Schemen, die von einem geheimnisvollen Licht erleuchtet werden, das aus dem Hintergrund kommt. Im vergangenen Jahr waren Brandstätters Zyklen auch in der Türkei zu sehen. In mehreren großen Städten hatten zahlreiche Besucher die Möglichkeit, sich mit dem Werk des Österreichers bekannt zu machen. Im vergangenen Jahr wurde Karl Brandstätter noch eine weitere Ehre zuteil. Er wurde vom Östereichischen Staat mit dem Titel eines Professors der Malerei ausgezeichnet.